14.05.2017

Lektion in Demut (5)
 
 
Der Moment, als die Sonne am Rasthof ertrinkt, jedoch nicht so ganz, halb hängt sie noch da, zwischen Spätnachmittag und Abend und kann sich nicht entscheiden und der Wind Dir ohne Vorwarnung eine Kompanie lustiger Fallschirmspringer zuspielt – Freunde von jenen, die Du erst Stunden zuvor mit einem kleinen Mädchen in den Garten entlassen hast, fest pustend und lachend, von einem grünen Stengel, aus dem weißer Saft rann – und diese Dir nun hier und jetzt auf einem Fischgrätbetonpflaster in einem Tanz um die Füße spielt, den kein Choreograph jemals sich hätte ausdenken können, so flüchtig, so leicht und erschütternd einmalig, dass Du kurz überlegst, diesen Augenblick mit der Videokamera Deines Telefons festzuhalten – für Dich, für all jene, an die Du gerade denkst, für die Nachwelt, für wen oder was auch immer – und Du dann, ebenfalls kurz, aber einen gewissen Moment länger, innerlich lachst, da Du begreifst, es ist unmöglich, ihn zu fixieren, kein einziger erlaubt dies und niemals in der Intensität, in der Du ihn jetzt gerade fühlst, deshalb beschreibst Du ihn auch nicht, du wagst nicht einmal den kleinsten Versuch, es zu tun, weder in Bildern, noch in Versen, Du siehst und erkennst und lässt – ein Moment, wie er ist, in seiner Reinheit, erhalten.

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