09.07.2024

Momente (XIV)

 

Ich saß heute im Park, sortierte digitale Unterlagen für die EkSt 2022 (meine liebe Steuerberaterin bat dringend drum, ich hätte lieber anderes getan, Schnorcheln im Cossi oder so) und erinnerte mich dabei – Musik im Ohr – an das lange Gespräch, dass ich gestern führte.
»Schmerz ist unvermeidlich. Leiden ist was für Idioten.«
– Haruki Murakami

Plötzlich kam mir eine Analogie in den Sinn – was uns Menschen betrifft:
Was, wenn wir, die wir uns als präpotente Singularitäten begreifen – einmalig individuell, etc. – nichts weiter wären, als ein kleiner Teil eines phantastischen Gesamten, eines Biens, den wir mit unserer Binnensicht gar nicht von außen als Ganzes begreifen könnten?
Wenn ich und du und wir alle nichts weiter wären, als Teil eines größeren, unsichtbaren Gebildes?

Zum Beispiel: So eines Menschdingsies, bekannt als Menschheit.
Die Supermarktkassiererin wäre, z.B., eine Zelle im Hirn.
Mein Sachbearbeiter im Finanzamt eine Mitochondrie im Herzmuskel.
Die schöne Blonde im Café: ein Golgi-Apparat im Haar.
Ich ein Dendrit in der Zunge.
(Und der stadtbekannte Säufer eine Synapse in der Leber).
?
Bestünde dann nicht unsere individuelle Aufgabe darin, zu erkennen, was unser Zweck wäre in diesem unsichtbaren Ganzen?
Und diesen vollumfänglich und ohne Frage zu umarmen?
Somit das Leid, dass dieses scheinbare Getrenntsein vom Großen Ganzen erzeugt, zu lindern?
Und uns, gleich einer Biene, demütig unserer jeweils spezifischen Aufgabe zu stellen?
Dazu müssten wir nur herausfinden: Was mach ich hier? Was ist mein Job?
Und diesen dann ohne Brainpain zu erfüllen?

Ich setzte den Kopfhörer ab, stieg aufs Rad und erkannte:
Das haben schon andere vor mir gedacht.
Kann nicht so falsch sein.
Ein frecher Spatz kreuzte meinen Weg, dicht an meinem Gesicht vorbei.
Er nahm mir den letzten Zweifel.

Stumbleine – Somnia