19.10.2024

Momente (XV)

 

Kürzlich – ich bezahlte gerade den Tabak im Späti meiner Wahl – sprach mich von hinten ein Unbekannter an. »Fühlst du dich wohl, hier in Leipzig?« Ich wand mich ihm zu, erkannte einen gepflegten Kerl, zwischen 35 und 40, und antwortete: »Ja. Für mich die beste Stadt, in der ich bisher lebte. Sie machte es mir leicht, anzukommen.«

Gemeinsam gingen wir dann vor die Tür, ich drehte mir eine Kippe und signalisierte ihm: ‚Jung, ich hab Zeit und ein Ohr für dich.‘ Wir kamen ins Gespräch. Er ist Ingenieur (Kfz), hat einen Burn-Out hinter sich, suchte und fand einige Antworten in – wo wohl? – Montenegro. In Leipzig kam er – als indigener Berliner – leider bisher und nach drei Jahren nicht an.
Weiter ging es über Job und wahre Berufung. Ich sagte ihm einiges in Bezug darauf, völlig wertfrei. Er wurde immer weicher und leichter. Ich gab ihm Raum, es ging in diesem Gespräch nur um ihn, nicht um mich.

Nach gut einer halben Stunde (und einer weiteren Zigarette) verabschiedete ich mich von ihm (Anschlusstermin meinerseits).
»Na, siehste – Leipzig ist doch eine Stadt, die’s einem einfach macht, sich zu verbinden, oder?«, war mein Abschiedsgruß.
Er rief mir hinterher, lächelnd: »Ja, wenn man die richtigen Menschen trifft.«

Ich werde ihn vielleicht – nein, eher sicher – wohl nie mehr begegnen.
Für eine halbe Stunde jedoch haben wir uns ‚berührt‘.
Darum geht’s. Am Ende. Wir alle hinterlassen Spuren. Von den meisten wissen und erfahren wir nichts, im Nachgang.
Und das ist gut so.

Kelly Lee Owens – Dreamstate

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