Selbst. Vergessen.

© Richard Messenger [http://www.flickr.com/photos/richardmessenger/3772445658] CC-BY-NCDer Sommer war prall gefüllt mit unzähligen kleinen Momenten des stillen Glücks: Ein wohlgekühltes Glas Picpoul de Pinet in der Dämmerung – ich selbst dabei an den Kirschbaum gelehnt; der Duft des Gartens am frühen Morgen; ein heftiges, doch reinigendes Gewitter in den Schweizer Bergen; am Feuer sitzen, in die Glut schauen, ein kurzer Blick zum Himmel: Sternschnuppe; Kinder, die mich mit großen Augen ansehen; Lili, mit der ich nächtelang philosophierte; Charlie – an meiner Schulter eingeschlafen – ich trage sie nach oben; laut Musik hören, bei geöffneten Fenstern – ein Spatz nimmt Platz auf der Fensterbank, blickt mir grinsend in die Augen und hüpft vor Freude; Jörg Fauser in der Bahn lesen – und fast vergessen, auszusteigen; am Bahnhof warten und die kleine, süsse Portugiesin beobachten, die iPod-gestählt am Rande des Pontons selbstvergessen zur Musik tanzt.

So ist das

Du lässt dich hier nicht mehr blicken«, sagte einer, und dann hatten sie mich in der Mangel, pass auf, dass du nicht zu Boden gehst, dachte ich noch, ich hielt die Brille fest und bekam noch einen Tritt in den Magen ab, dann lag ich draußen. Das war also das Pflaster. Es schmeckte nicht schlechter als vieles andere, aber gewöhnen wollte ich mich auch nicht daran. Ich suchte meine Brille, bis ich feststellte, dass ich sie in der Hand hielt. Ich setzte sie auf. Aus der Nähe sah dieses Pflaster interessant aus, es gab sogar einen Riss, der durch den Asphalt lief, und in dem Riss spross ein Grashalm. Wenn das so ist, dachte ich, kannst du auch aufstehen.

 
Jörg Fauser: Rohstoff (1984)