Fäseke erwachte aus unruhiger Nacht, er war schweißgebadet. Das Erste, was ihm durch den Kopf ging, war ein Gedicht von Wolf Wondratschek: »Es gibt nichts, was einen Mann einsamer macht, als das leise Lachen am Ohr eines anderen.« Paul LeChien, der am Fußende des Bettes Wache hielt, bemerkte den Anflug von Trauer in Fäsekes Gesicht. »Aber, es macht ihn auch freier, letztendlich«, sprach er mit absolut überzeugendem Ton.
01.05.2014
Seltsamerweise sind es stets Feiertage, an denen so etwas passiert. Zu feiern gibt es jedoch rein nichts. Auch der Schmerz bleibt infernalisch – trotzt Ahnung, Vorbereitung und erhoffter Stärke – wenn die Wirklichkeit gnadenlos rein tritt.
PS: Ziemlich genau vor einem Jahr, habe ich mir und der Welt geschworen, zu tanzen – endlich, zum ersten Mal, wild, ausgelassen und zügellos. Dazu kam es leider nicht. Gerade eben, unten am Fluss, habe ich diesen Schwur wiederholt – mit dem Zusatz, nötigenfalls auch alleine zu tanzen, wenn es so sein soll.
30.04.2014
Heute genieße ich, im vollen Zug, dennoch, vielleicht, und gerade deshalb, das ist zunächst alles, und so viel.
29.04.2014
Der Blick in den Nebel, nach draußen, in den Wald und über die Felder, war bisher bedrohlich und bleischwer. Nun weiß ich, dass er sich lichten wird, irgendwann, okay, vielleicht spät, aber immer sehr zuverlässig, am Ende. Und plötzlich ist die graue Suppe sogar irgendwie schön, weil so schön vergänglich
28.04.2014
Leer.
Geschrieben.
Und Müde.
Und wieder einen Schritt weiter.
Einen kleinen.
Kein Makel.
Ebenso: Die Mehari’s Rot.
27.04.2014
Verzeihung: Laufend wird es besser.
Die Engel backen Plätzchen.
Leben geht.
Sonntag.
26.04.2014
Das Schicksal spielt ihm gerade nicht in die Hände, es spielt ihm eher Streiche und ganz übel mit. Das ist ihm egal, er nimmt die Karten, die ihm geboten werden, legt trotzig einen Trumpf nach dem anderen auf den Tisch, lächelnd und zufrieden. Das finde ich souverän und bewundernswert.
»Man kann nicht alles haben im Leben, sagst du? Blödsinn! Würde ich so denken, dann wüsste ich nicht, warum ich morgens überhaupt aufstehen sollte. Ich nehme mir das Glück einfach.«
Meine Rolle ist eigentlich die des Helfers. Ich muss noch lernen, viel lernen.
25.04.2014
Die alte Kastanie am Ufer steht in voller weißer Blüte. Sie winkt mir zu, als ich sie joggend passiere. »Hey, warte, ich wollte dir noch was Wichtiges sagen«, ruft sie mir nach. Ich bleibe stehen, wende mich ihr zu, sie neigt mir verschwörerisch einen jungen Ast entgegen und spricht: »Schönheit. Darum geht’s. Angst ist hässlich. Hast du verstanden?« Mit einer Blüte streicht sie mir frech über die Nase und ich muss niesen, befreiend niesen. Dann laufe ich weiter. Schneller. Und schöner.
24.04.2014
Unerwartet saß er mir in der 66 schräg gegenüber, auf der anderen Seite der Bahn, unter uns der trockene Rhein. Minimi trug eine Basecap, er hatte sie tief ins Gesicht gezogen, er wollte unsichtbar, nicht erkannt sein, auch nicht von mir, offenbar. Ich habe ihn jedoch gerochen, genauer: seine Angst. Die Bahn war voll, es gab keine Chance, mich zu ihm durchzukämpfen und ihn in den Arm zu nehmen, was ich so sehr wollte, denn er sah traurig aus und so allein. Als ich einen Moment weg sah, weil mich ein lautes Geräusch aufschreckte, war er verschwunden. Ausgestiegen konnte er nicht sein, wir waren in voller Fahrt und in Höhe des Klosters. Verdammt. Ich werde ihn suchen. Ich werde ihn finden müssen. So schnell, wie möglich.
23.04.2014
Sie stehen in den Startlöchern und warten nur darauf, losschlagen zu dürfen. Es war von Anfang an klar, dass der Waffenstillstand nur temporär sein würde. Dennoch ist die Situation beängstigend. Wird das Gelernte Anwendung finden? Sind alle offenen Flanken gut geschützt? Wird es gelingen, den Krieg als Spiel zu begreifen und nicht als existentiellen Endkampf, wie sonst?