LEKTIONEN IN DEMUT (3)
Mich umgeben gerade viele junge Menschen. Teilweise sind sie noch sehr jung, sie könnten Söhne und Töchter von mir sein. Anfangs war ich skeptisch – nein unsicher, in ihrer so verblüffend wärmenden Gegenwart. Grundsätzlich verängstlicht in Bezug auf meine Rolle. Diese findet sich jetzt langsam. Nach fast einem Semester.
Was mich so bass beeindruckt: Diese jungen Wesen sind durch die Bank liebenswert, und zwar extrem. Und jeder von ihnen ist mehr oder weniger auf einem tollen, spannenden und fast immer richtigen Weg.
Wenn ich dann – so, wie heute – in der warmen Sonne inmitten dieser Herde junger Wölfe und Täubchen verweilen darf, fühle ich mich gleichzeitig alt und jung, glücklich und traurig, zerrissen und geheilt.
Dieses unbändige Lust aufs Leben, das horizontlos vor ihnen ausgebreitet liegt – ein Supermarkt der Möglichkeiten.
Diese umwerfend-mitreissende Unbeschwertheit, die noch nicht an Morgen denkt.
Dieses ausgelassene Im-Moment-Sein, zu wissen: »Was zählt ist auffem Platz«. Und nichts anderes.
Diese Nähe und Verbundenheit ohne Konvention, die sich über flüchtig zugeworfene Blicke erzählt.
UND DIESES LACHEN!
Dann könnte ich weinen.
Weil es damals so anders war, bei mir.
Mir dies alles nicht zuteil wurde.
Dummerweise.
Weil ich es so wollte.
Damals.
Die jungen Menschen akzeptieren mich – so, wie ich eben bin, ich werde nicht als »Alter Mann« verlacht.
Jedoch bin ich mir bewusst, dass ich nicht an ihrer Aura teilhaben kann – niemals, und nie gänzlich.
Ich bin der Zausel, ein willkommener Zaungast, das reicht und das ist gut – und ich darf von ihnen lernen:
Nicht zu trauern, über mich – nein, mich zu freuen, über das Leben, besonders aber für sie.